Veranstaltung: | Stadtparteitag 05./06. September 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 11. Anträge aus dem Kreisverband |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | AG Tierschutz |
Eingereicht: | 02.09.2025, 12:06 |
Antrag zur Einführung eines Stadttaubenkonzepts für die Stadt Leipzig
Beschlusstext
Wir fordern die Stadt Leipzig auf, betreute Taubenschläge einzurichten – als
Pilotprojekt beginnend mit der Errichtung eines Taubenschlages auf einem Gebäude
oder Grundstück in der Leipziger Innenstadt.
Begründung
In Leipzig, insbesondere im Stadtzentrum, gibt es große Schwärme wildlebender Stadttauben. Die Tiere hungern und leben unter großem Leid auf der Straße. Mindestens 148 hilfsbedürftige Stadttauben aus Leipzig wurden bereits im Jahr 2025 durch ehrenamtliche Päppler*innen gepflegt.
Die größten Schwärme leben derzeit am Augustusplatz (ca. 200 Tiere), am Hauptbahnhof (ca. 170 Tiere) am Richard-Wagner-Platz (ca. 150 Tiere) und am Lindenauer Markt (ca. 400 Tiere). Weitere Hotspots mit mehreren Hundert Tieren sind: Thomaskirche, Eisenbahnstraße, Raiffeisenstraße.
Hungernde und verletzte Tauben wirken sich negativ auf das gesamte Stadtbild und die Menschen aus.
Die Betreuung der Stadttauben in Taubenschlägen hat viele Vorteile:
sie dient der Populationskontrolle, indem Eier durch Attrappen getauscht werden,
sie trägt maßgeblich zu einem saubereren Stadtbild bei, weil der meiste Kot im Taubenschlag verbleibt. Die Wahrnehmung der Taube als Tier wird verbessert.
sie führt zu einer deutlichen Verringerung des Tierleids.
Nur Taubenschläge sind ein effektives Modell, um all diese Verbesserungen nachhaltig umzusetzen.
Populationskontrolle
Stadttauben sind domestizierte Haustiere und deren Nachkommen. Sie begleiten den Menschen bereits seit Jahrhunderten: Sie lieferten Eier, Federn und Fleisch und als Brieftauben überbrachten sie Nachrichten. Sie wurden als Nutztiere mit hoher Reproduktivität gezüchtet und brüten bis zu 8 Mal pro Jahr mit je 2 Jungtieren. Heute leben sie in Dächern, auf Balkonen und an Fassaden. Das führt häufig zu Konflikten und sie werden fälschlicherweise oft als Schädlinge betrachtet. Durch Taubenschläge können Eier getauscht und die Population kann kontrolliert und verringert werden. Bestehende wilde Brutplätze in der Nähe von Taubenschlägen werden verschlossen.
Sauberes Stadtbild
Betreute Taubenschläge tragen maßgeblich zu einem saubereren Stadtbild bei und verbessern das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier. Viele Menschen fühlen sich durch Taubenschwärme belästigt, weil Verschmutzungen durch Taubenkot an Häusern, im Umfeld von Restaurants, auf Fahrzeugen etc. zu Verärgerung führen. Tauben halten sich 70–90 % des Tages im Taubenschlag und in dessen unmittelbarer Umgebung auf. Durch den regelmäßigen Tausch der Eier wird es weniger Tiere geben. Der meiste Kot wird im Taubenschlag abgesetzt, kann gesammelt entsorgt werden und spart dadurch große Kosten für Gebäudeeigentümer. Da die Tauben im Schlag gefüttert und medizinisch betreut werden, gibt es keine ausgehungerten Tiere und verletzten Tiere im Stadtbild. Die Stadttaube wird wieder mehr respektiert.
Verringerung des Tierleids
Viele Tiere sind abgemagert, da sie als reine Körnerfresser kaum adäquate Nahrung finden und auf Abfälle und Speisereste ausweichen. Dies führt zum bekannten „Hungerkot“, der an Gebäuden herunterläuft, und zu grünem Durchfall. Auf Grund dieser mangelhaften Ernährungslage ist die Sterblichkeit sehr hoch: die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur etwa 2 Jahren – im Gegensatz zu Haustauben, die bei artgerechter Haltung bis zu 15 Jahre alt werden können. Die Alttiere können ihre Jungtiere unter den widrigen Umständen kaum versorgen, viele der Jungtiere verhungern noch im Nest. Stadttauben müssen den Großteil ihrer Zeit mit der Suche nach Nahrung verbringen. Dabei erleiden sie oft schwere Fußverletzungen, etwa durch abgeschnürte Zehen, weil sich Haare oder Fäden um ihre Füße wickeln. Zudem kommen viele Tiere an unsachgemäßen Vergrämungsmaßnahmen zu Schaden, sie verunfallen im Straßenverkehr oder durch Kollisionen mit Glasflächen. In einigen Fällen werden Tauben auch gezielt verletzt oder misshandelt. In Leipzig sind dokumentierte Fälle bekannt, in denen Stadttauben angeschossen oder mutwillig eingesperrt wurden. Unsachgemäße Fütterungen durch beratungsresistente Personen verschärfen die Lage für die Tiere.
Ehrenamtliche Vereine können die Vielzahl der hilfsbedürftigen und verletzten Tiere ohne Unterstützung nicht stemmen.
Betreute Taubenschläge bedeuten neben den bereits ausgeführten Vorteilen eine positive Reputation für die Stadt Leipzig (die tierschutzrechtlichen Vorgaben werden eingehalten) und Vorbildfunktion für andere Städte.
Anlagen
Vorschlag zur Umsetzung eines betreuten Taubenschlages, zusammengestellt auf Basis von erfolgreichen Umsetzungen in anderen Städten
Teilt man die Kosten und den Arbeitsaufwand für ein städtisches Taubenkonzept unter verschiedenen Akteuren auf (bspw. Stadt Leipzig, Deutsche Bahn, Objekteigentümer), verringern sich Aufwand und Finanzierung für den Einzelnen deutlich. Nach diesem Prinzip verfahren mittlerweile viele Städte, die bereits erfolgreich betreute Taubenschläge betreiben (Bsp. siehe unten). Maßgeblich für den Erfolg ist die Zusammenarbeit zwischen der Kommune und den ehrenamtlichen Vereinen.
Der ehrenamtliche Verein Pro Lebensglück e.V. mit seiner AG Pro Stadttaube kann bei der Planung, Errichtung und Betreuung eines Taubenschlages personell und fachlich unterstützen.
Errichtung eines Taubenschlages einmaliger Posten 1.500 – 20.000€
Beispiele für Standorte: Container, Flachdächer (in Parkhäusern, -decks, Bauwagen). Es gibt Firmen, die fertige Taubenlofts anbieten: https://wp.wildvogelhilfe.org/wp-content/uploads/2022/11/Taubenloft-1.pdf
Diese Container können auch gemietet (für ca. EUR 500 / Monat), anstatt gekauft werden.
Laufende Kosten eines Taubenschlages
Kosten pro Taubenschlag berechnet auf 200 Tauben jährlich
Futterkosten1 2.044€
Einstreu 750€
Müllentsorgung (Entsorgung als Spezialmüll, 2,4 t p.a.)2 1.344€
Reinigungsmittel 350€
Wasser, Strom 300€
Tierärztliche Betreuung / Medikamente 1.200€
Personalkosten (bspw. angestellt bei der Stadt mit 25 Arbeitsstunden / Woche)3 34.800€
Gesamt 40.788€
1Futterkosten je Taube: 40 g Futter / Tag = 14,6 kg / Jahr; Preis / kg Futter = 0,70 €; Kosten / Jahr = 10,22 € je Taube
2Kot je Taube (berechnet auf 80 % der täglichen Futtermenge, da davon ausgegangen werden kann, dass sich die Tauben 70-90 % des Tages im Schlag aufhalten): 32 g / Tag = 11,68 kg / Jahr entspricht 2,336 t Taubenkot / Jahr, welcher nicht im Stadtbild anfällt, sondern im Schlag und dort gesammelt entsorgt werden kann (die Entsorgungskosten wurden als tierischer, kontaminierter Abfall berechnet).
3Aufgaben des Personals: Reinigung des Taubenschlags, Desinfektion, Futteranlieferung, Futter und Wasser bereitstellen. Eiertausch und Dokumentation, wilde Brutplätze im Stadtgebiet ausfindig machen und ggf. verschließen oder Eiertausch, Bestandskontrolle auf kranke und verletzte Tiere. Ängste nehmen und Vorurteile ausräumen (z. Bsp. Stadttauben übertragen nicht mehr Krankheiten als andere Tiere), Aufklärung zu Stadttauben, Social Media, Beratungen (z. Bsp. wie Balkone einzurichten sind, um Brutplätze zu verhindern).
Erfolge durch betreute Taubenschläge, u.a.:
Stadt Bernau: 1 Taubenschlag am Bahnhof mit 200 Tauben, Susanne Hegewald ist Initiatorin im Ehrenamt, die Stadt Bernau unterstützt bei den Futterkosten mit 400 € / Monat (insgesamt betragen die Futterkosten 2.700 € / Monat) und übernimmt den Abtransport des Taubenkots; https://www.youtube.com/watch?v=ezFPSeFDeek
Stadt Augsburg: 10 Taubenschläge und 2 Taubentürme. Damit wird das Stadtgebiet mit ca. 5 t Kot / Jahr entlastet, die fachgerecht in den Taubenschlägen entsorgt werden. Pro Jahr werden 6.000 Eier getauscht. Zuschuss der Stadt Augsburg: 30.000 € p.a.; https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/umweltstadt-augsburg/stadttaubenkonzept